animiert magazin nummer21 winter

Eine Essenspause vom Skifah- ren auf den Hängen um Engel- berg. Bei der Person ganz rechts (stehend) handelt es sich um den Schriftsteller Rudyard Kipling (1865-1936) (Standort Foto: Privat- archiv John Rochon, Kanada).

A group enjoys refreshments while taking a break from ski- ing on the mountainsides of Engelberg. The man standing on the far right is English writer Rudyard Kipling (1865-1936). (Photograph: Private archives of John Rochon in Canada)

Die EinführungderWintersaison Engelberg’s English connection Text: Mike Bacher

Zur Zeit der «Belle Epoque» hatte Engelberg bereits den Ruf als bekannte Destination für Sommeraufenthalte. Mit der Einführung der Wintersaison um 1903 kamen vor allem Engländer nach Engelberg, unter ihnen auch der Schriftsteller und Nobelpreisträger Rudyard Kipling, der «Das Dschungelbuch» verfasst hat. Schon 1865 öffnete mit dem «Hôtel Titlis» der Familie Cattani das erste Luxushotel des Tales seine Pforten. Noch im gleichen Sommer verbrachte Prinzessin Alice von Grossbritanni- en und Irland dort ihre Ferien. Die Prinzessin war begeistert von diesem es denn auch, welche für die Einführung des Wintersports Pate standen. Nach dem Vorbild anderer Orte kam in Engelberg der Wunsch auf, eine Wintersaison einzuführen. 1903 wurde der Sportclub – später Skiclub – gegründet, um die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren. 1904 folgte der Spatenstich für einen neuen «Win- terpalast» der Gebrüder Cattani. Die Eröffnung dieses «Grand Hotel Winterhaus» am 10. De- zember 1905 markierte zugleich den Beginn der offiziellen Wintersaison im Tal. Dank der Gäste aus Grossbritannien und Deutschland wurde sie bereits von Beginn an ein Erfolg. Unter den frühen Gästen aus dieser Zeit findet sich auch der Schriftsteller Rudyard Kipling, der unter anderem «Das Dschungel- buch» verfasst hat und 1907 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Kipling verbrachte von 1909 bis 1914 meist zwei Monate als Winterferien im Hochtal. Dank seiner zahlreichen Briefe, die er während seiner Ferienaufenthalte schrieb, erhalten wir einen spannenden Einblick in Tal und empfahl es in Briefen ihrer Mutter – Queen Victo- ria von Grossbritannien und Irland. Diese kam 1868 sogar persönlich nach Engelberg. Die britischen Gäste waren

das Winterleben der Gäste jener Zeit. In diesen erweist er sich nicht nur als teilnehmender Beobachter, sondern auch als interessierter Gast, der aktiv am Geschehen teilnahm. Wäh- rend er das Bobfahren als tollkühnen Sport lieber aus der Distanz betrachtete, pflegte er das Skifahren und vor allem das Schlitt- schuhlaufen und Curlingspielen aus Passion. Einen engen Austausch pflegte er mit Edu- ard Cattani jun., dem Hotelier des Grand Hotels. Dieser hatte früher selber im Londoner «Lang- ham Hotel» gearbeitet, weshalb er die englische

Sprache sehr gut beherrschte und die Gewohnheiten der englischen Oberschicht kann- te. Er war auch sein Informant für lokale Angelegenheiten und überzeugte ihn, wie dies damals für Stammgäste

Die britischen Gäste standen der Einführung des Winter- sports in Engelberg Pate.

üblich war, selber in den Ausbau in Engelberg zu investieren. Besonders angetan hatte Kipling die Idee, die Gerschnialp mit einer Standseilbahn zu erschliessen. Am 14. Februar 1912 schrieb er seinem Sohn Jack: «Wenn sie, wie Cattani sagt, die Standseilbahn zur Gerschnialp nächstes Jahr in Betrieb haben, wirst Du in der Lage sein, so viel Skifahren zu können, wie Dein Herz be- gehrt.» Kipling soll entsprechend selber Aktien gezeichnet haben. Anlässlich der Eröffnung der Anlage am 21. Januar 1913 war er im Tal anwe- send. Doch die Lage änderte sich bald. Ein Jahr später brach der Erste Weltkrieg aus, in welchem auch sein Sohn Jack fiel. Kipling konnte nicht mehr nach Engelberg, weil die Erinnerung an die glücklichen Tage beim Wintersport mit Jack ihn zu sehr belastet hätte. Dennoch blieb Engelberg für ihn prägend, wie sich aus späteren Werken ergab. Mit der Familie Cattani behielt er gar den brieflichen Kontakt bis zu seinem Tod bei.

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